Eine Wanderung im Tal der Hoëgne in der belgischen Wallonie gehörte schon im ausgehenden 19. Jahrhundert zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten in der Region. Heute tummeln sich dort am Wochenende zahlreiche Ausflügler, weswegen es ratsam ist, das Tal der Hoëgne lieber unter der Woche zu besuchen. Genau das haben wir an einem etwas trüben Mittwoch im Frühjahr gemacht – und hatten den Fluss fast für uns allein.
Wo beginnt die Wanderung entlang der Hoëgne?
Die Hoëgne ist ein kleiner Fluss in der belgischen Provinz Lüttich, am Rande des Hohen Venn. Die Wanderung durch das Hoëgne-Tal beginnt rund vier Kilometer südlich des Dorfes Solwaster. Der Parkplatz ist von der N640 aus gut ausgeschildert.

Solch eine Wildnis erwartet dich auf der Wanderung durchs Tal der Hoëgne. (Foto: Jochen Hafner)
Schon die Anfahrt zum Ausgangspunkt der Wanderung ist ein kleines Abenteuer: Über eine schmale Straße geht es durch den Wald bis zum Wanderparkplatz. Bevor du dein Auto dort abstellen kannst, musst du durch (!) den Fluss fahren. Die Furt ist in der Regel nicht besonders tief. Aber da wir nicht sicher waren, ob der Wasserstand bei Regen eventuell ansteigt, sind wir das Risiko nicht eingegangen und haben den Wagen auf dem zweiten Parkplatz, gegenüber dem Hotel „Le Petit Normand“, vor dem Flussübergang stehengelassen. Zum Glück führt ein Holzsteg über den Fluss, so dass du trockenen Fußes zum Wanderparkplatz und damit zum Start der Wanderung durch das Tal der Hoëgne gelangst.

Abenteuer ab der ersten Minute: Furten, um auf den Parkplatz zu kommen.
Welche Wanderwege führen durch das Hoëgne-Tal?
Es gibt unterschiedlich lange Wanderungen, die durch das Tal der Hoëgne führen. Die kürzeste ist etwa 7 Kilometer lang: einmal durch das Tal von der Pont de Belleheid bis zur Pont de Centenaire und wieder auf dem gleichen Weg – oder etwas oberhalb des Tals – zurück. Dabei sind rund 150 Höhenmeter zu überwinden.
Wenn du Lust auf eine längere Wanderung hast, kannst du einen Rückweg durch den Wald wählen. Oder du machst die rund 16 Kilometer lange große Runde entlang der Hoëgne und entlang der Statte, einem ebenso schönen Fluss südlich von Solwaster. Wir haben uns für eine kurze Version entschieden – aber auch nur, weil wir vor lauter Fotografieren gar nicht schnell vorankamen. Mein Tipp: Nimm dir für die Wanderung viel Zeit, um die „Promenade de la Hoëgne“ zu genießen!

Zwei von unzähligen Brücken über die Hoëgne.
Wie verläuft die Wanderung im Vallée de la Hoëgne?
Durch ein hölzernes Tor betreten wir die „Promenade de la Hoëgne“. Sie wurde 1899 angelegt und 1999 instandgesetzt. Heute kümmert sich eine Gruppe von Rentern ehrenamtlich um die Instandhaltung des Wanderwegs.

Der Einstieg zur „Promenade de la Hoëgne“.
Direkt neben dem hölzernen Tor hängt ein Schild mit der Aufschrift: „Vallée de la Hoëgne – une de plus belles de la Belgique“ – zu Deutsch: „Das Hoëgne-Tal – eines der schönsten in Belgien“. Dem Verfasser der Aufschrift kann man nur recht geben: Das Tal der Hoëgne ist wirklich zauberhaft! Der Fluss windet sich, anfangs ruhiger, dann immer wilder durch eine wunderschöne Schlucht. Kleine Wasserfälle begleiten uns auf dem ganzen Weg.

Die Hoëgne rauscht durchs Tal.
Auffallend ist die rötlich-braune Färbung des ansonsten sehr klaren Wassers. Die Farbe entsteht durch die Zersetzung der nahen Moorvegetation. Dadurch bildet sich im Wasser Eisenoxid, eine Art Rost. Fische gibt es im sauren Wasser keine, aber mit ein bisschen Glück kannst du Frösche, Kröten, Wasserläufer und andere kleine Tiere entdecken.

Die rote Färbung des Wassers ist gut zu erkennen.
Ebenfalls etwas Besonderes sind die Schaumpakete, die sich vor allem an den im Wasser liegenden Ästen sammeln. Diese „Kuchen aus dem Venn“ sind kein Zeichen für Umweltverschmutzung. Vielmehr bildet sich der Schaum durch eine Mischung aus zersetztem organischen Material und kolloidalem Ton sowie Fetten. Der Schaum hat für den Fluss eine reinigende Wirkung.

„Kuchen aus dem Venn“ wird dieser Schaum genannt.
Zu entdecken gibt es also viel auf unserer Wanderung entlang der Hoëgne. Wir laufen stets leicht bergauf, teils über Felsen, teils über Treppen. Über hölzerne Brücken und Stege wechseln wir immer wieder die Flussseite. Keine Angst, verlaufen kannst du dich nicht: Es geht immer direkt ganz nah am Fluss entlang. Bei fast jedem Schritt müssen wir aufpassen, um nicht über Baumwurzeln zu stolpern oder auf den bemoosten Felsen auszurutschen. Moos findet sich aufgrund der andauernden Feuchtigkeit im Tal überall. Bäume, die umgefallen sind, bleiben einfach liegen, was dem Gebiet einen wilden Charakter verleiht.

Über Stock und Stein …
Am Wasserfall Marie-Henriette besteht die Möglichkeit zur Rast an mehreren Gruppen von Bänken und Tischen. Der Platz samt einem kleinen Rasthaus, das es heute nicht mehr gibt, wurde 1899 von Marie-Henriette, Erzherzogin von Österreich und Königin von Belgien, eingeweiht, nachdem immer mehr Ausflügler ins Hoëgne-Tal kamen. Im Sommer kannst du an mehreren Stellen auch Rast direkt auf den Felsen im Fluss machen.

Ein schöner Rastplatz direkt am Wasser.
Nach vielen weiteren Brücken und Treppen erreichen wir die Pont de Centenaire. Die „Jahrhundertbrücke“ wurde 1930 bei der Feier zum 100-jährigen Bestehen des Königreiches Belgien eingeweiht. Auch an dieser Seite des Hoëgne-Tals befindet sich ein Parkplatz, so dass du die Wanderung auch in umgekehrter Richtung machen kannst.

Pont de Centenaire – die Jahrhundertbrücke.
Weiter an der Hoëgne entlang
Statt direkt wieder umzudrehen, folgen wir weiter dem Fluss Hoëgne, der an der Jahrhundertbrücke einen Knick nach links macht. Der Weg ist dort sehr schmal und führt durch Nadelwälder hindurch, hin und wieder müssen wir über umgefallene Bäume klettern. Wir laufen durch ein Meer aus Moos, neben uns der nun etwas ruhiger dahinfließende Fluss, durch eine verwunschene Landschaft. An einem alten Steinkreuz, dem Croix t’Serstevens, endet der Weg an der Hoëgne entlang nun endgültig.

Verwunschener Weg an der Hoëgne. (Foto: Jochen Hafner)

Kurz vor dem Ende des Wanderwegs an der Hoëgne. (Foto: Jochen Hafner)
Wir nehmen den Waldweg parallel zum Fluss zurück, finden ihn aber zu eintönig, sodass wir an der Pont de Centenaire wieder zurück auf die „Promenade de la Hoëgne“ gehen. Langweilig ist das trotzdem nicht, da der Fluss in entgegengesetzter Richtung nochmal ganz andere Perspektiven bietet.
Tipps für eine Wanderung im Tal der Hoëgne
- Für den unebenen Weg auf Baumwurzeln und Felsen ist Trittsicherheit und ordentliches Schuhwerk nötig.
- An den Wochenenden und vor allem im Sommer ist das Tal der Hoëgne ein beliebtes Ausflugsziel. Wenn du es – wie wir – eher ruhig magst, solltest du lieber unter der Woche und in der Nebensaison dort wandern gehen.
- Nimm dir Zeit für die Promenade de la Hoëgne! Es wäre wirklich zu schade, den wunderschönen Weg nur durchzuhetzen. Wir haben für die rund 10 Kilometer inklusive vieler Fotostopps und Pausen sechs Stunden gebraucht ;-)
- Unsere Wanderroute findest du hier auf Outdoor Active.
Vielen herzlichen Dank für diesen tollen Wandertipp. In Belgien war ich leider noch gar nicht unterwegs zum Wandern… wenn ich mir die Bilder von dir so anschaue wird es auf jeden Fall Zeit einmal nach Belgien aufzubrechen. Vielen Dank für die tolle Inspiration und liebe Grüße Jenny
Belgien ist von Dir aus gesehen ja nicht gerade um die Ecke ;-) Vielleicht schaffst Du es ja trotzdem mal, dorthin zu kommen.
Leider war ich noch nin Belgien. Diese Wanderung wäre ein Grund, da mal hinzufahren
Dann wird es ja mal Zeit ;-) Belgien lohnt sich auf jeden Fall!
Vielen Dank für diesen Wandertipp! Für uns startet mit den steigenden Temperaturen bald die Campingsaison – und in Belgien waren wir mit dem Van noch gar nicht. Liebe Grüße Jenni
Belgien wird häufig unterschätzt, finde ich. Daher: Viel Spaß beim Entdecken!
Vielen Dank für diesen tollen Reisetipp :) auf jeden Fall ein Besuch Wert nun für mich ;)
Dann wünsche ich eine gute Wanderung in Belgien!
Sehr schön!
Ich war leider nur einmal im Hohen Venn, aber hatte das Glück, dass es morgens ganz grau und trüb und kalt war, bis sich mittags die Sonne durchsetzte und der Tag zu einem wunderschönen Herbsttag wurde: https://andreas-moser.blog/2019/11/11/hohes-venn/
Ins Hohe Venn kann man sicher öfter fahren – es gibt dort so viel zu entdecken!