Hoch hinaus: Kaunertaler Gletscherstraße in Tirol

Blick auf Gepatschsee im Kaunertal, Berge im Hintergrund

Als Rheinländer kennen wir aus nächster Umgebung nur das Mittelgebirge. Deshalb wollten wir bei unserem Österreich-Urlaub auch ganz weit nach oben. Auf der Kaunertaler Gletscherstraße in Tirol ist das möglich: Wir können mit dem Auto bis auf 2750 Meter über Meereshöhe hinauffahren. Auffi geht’s!

Das Ötztal und das Pitztal waren mir ein Begriff. Vom Kaunertal hingegen hatte ich bis zu unserer dreiwöchigen Österreich-Reise noch nichts gehört. Was für ein Fehler! In der Woche, die wir in Tirol verbracht haben, war die Tagestour auf der Kaunertaler Gletscherstraße unser persönliches Highlight.

Über fünf alpine Stufen bis zum Gletscher

Los geht es an der Mautstation der Kaunertaler Gletscherstraße kurz hinter Feichten auf 1273 Meter. Am Ende des Tages werden wir mit dem Auto in 26 Kilometern auf 29 Kehren knapp 1500 Höhenmeter aufgestiegen sein. Dabei durchfahren wir fünf der sechs Vegetationsstufen der Alpen: die submontane, die montane, die subalpine, die alpine und die subnivale Stufe. Wer will, kann am Ende der der Kaunertaler Gletscherstraße mit der Bergbahn bis auf die nivale Stufe auf über 3100 Höhenmeter fahren.

Uns reichten die fünf Stufen entlang der Straße aus – die Bergbahn hätten wir allein zeitlich gar nicht mehr geschafft. Denn auf dem Weg befinden sich insgesamt 34 Stationen, an denen es Sehenswertes anzuschauen gibt. Für die 26 Kilometer, auf denen du dich langsam den Berg hochschraubst, kannst du also locker einen ganzen Tag einplanen.

Schild mit Steinbock und Nummer 24 an einer Kehre auf der Kaunertaler Gletscherstraße

29 Kehren und 34 Stationen mit Sehenswertem gibt es an der Kaunertaler Gletscherstraße.

Wir zahlen am Eingang der Kaunertaler Gletscherstraße für die Tageskarte 25 Euro und laden uns über einen QR-Code auf dem Ticket die App Locandy herunter (direkt hinter dem Kassenhäuschen gibt es kostenloses WLAN). An jeder der 34  Stationen kannst du dir über die App Wissenswertes, Zahlen und Fakten, Gedichte oder Geschichten anhören. Alle Stationen wirst du an einem Tag gar nicht schaffen. Auch mehrstündige Wanderungen sind dabei. Wir haben uns die Stationen ausgesucht, die uns am interessantesten erschienen. Das waren unsere Lieblingsstopps auf der Gletscherstraße:

Die Gletschertöpfe – Station 4

Das Naturdenkmal, das nur wenige Schritte neben der Straße liegt, ist durch die Fließkraft der Gletscher entstanden: Das Schmelzwasser hat an diesen Stellen Wirbel gebildet, die eine Fließgeschwindigkeit von bis zu 200 Stundenkilometer haben können. Durch den Druck und die Erosion durch Sand und Kies werden Felsen ausgehöhlt – es entstehen „Töpfe“. An der Station Gletschertopf kannst du über Holzleitern und Podeste einige dieser ausgehöhlten Felstöpfe sehen. Außerdem fließt ein rauschender Bach am Parkplatz vorbei.

Frau auf Holzleiter an einer Felswand

Blick in den Gletschertopf. (Foto: Jochen Hafner)

Der Gepatsch-Stausee – Station 9

Nach rund einem Drittel der Strecke gelangen wir zum Gepatsch-Stausee, der sich sechs Kilometer lang und nur wenige Hundert Meter schmal durch das Tal zieht. Mit den Bächen des Kaunertals wird über den Gepatsch-Speicher das Kaunertalkraftwerk angetrieben. Theoretisch kannst du bei der Hinfahrt auf der einen Uferseite des Stausees fahren, bei der Rückfahrt auf der anderen. Als wir am späten Nachmittag zurückkommen, ist das westliche Ufer allerdings gesperrt, sodass wir, wie am Morgen auch, am östlichen Ufer entlangfahren.

Blick über See in den Bergen

Am Ende des Stausees ruhen Kühe am Ufer.

Ein Stopp am Gepatsch-Speicher lohnt allemal. Auf dem 600 Meter langen und rund 150 Meter hohen Steindamm haben wir einen schönen Ausblick über den gesamten Stausee mit den schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Wer mag, kann hier auch im Restaurant Seepanorama einkehren. Wir setzen unsere Fahrt nach ein paar Fotos jedoch fort.

Der Zirbenwald – Station 18

Weiter geht es in Serpentinen die Gletscherstraße hinauf. Unser nächster Stopp ist der Zirbenwald. Ich mag diesen Nadelbaum, der als Einziger auf über 2000 Meter Seehöhe noch munter weiterwächst. Er kann Temperaturen bis minus 45 Grad aushalten und seine ätherischen Öle sind gesund. (Wenn du eine Tannennadel zwischen den Finger zerreibst, kannst du es riechen.)

Zirbenbaúm vor Berggipfel

Eine Zirbenkiefer fühlt sich in der Höhe wohl.

Vom Parkplatz in der Kehre führt ein kleiner Trampelpfad den Hügel hinauf. Von hier oben haben wir einen wundervollen Blick zurück auf den Gepatschstausee. Nett gemacht ist das „Kino“ mit Holzstühlen und die „Leinwand“ mit Panoramablick. Der Hügel ist im Sommer übersät mit Alpenrosen und Wollgras. Ein lauschiges Plätzchen, an dem wir es auch noch länger ausgehalten hätten.

Reihe von hölzernen Sitzplätzen in der Natur

Das „Waldkino“ an der Station Zirbenwald.

Wasserfall am Rifflbach – Station 23

Nach all der Zeit im Auto wird es Zeit für einen kleinen Spaziergang. Schon von der Straße aus ist der Wasserfall des Rifflbachs zu sehen. Nur 15 Minuten dauert es, bis wir über einen kleinen Pfad an einer Bank direkt vor dem Wasserfall ankommen. Noch so ein Ort, der dazu einlädt, länger zu bleiben. Vor der Pause mit Ausblick laufe ich noch bis zur Brücke über den Wasserfall hinauf.  Wer mag, kann dem Weg noch weiter folgen.

Wasserfall am Hang

Der Wasserfall am Rifflbach.

Wanderung zu den Seeles-Seen – Station 25

Kurz darauf der nächste Bewegungsstopp: Wir machen noch eine kleine Wanderung. Zunächst passieren wir ein Straßenschild, das vor Murmeltieren warnt, und hören auch ihr auffälliges Pfeifen. Leider können wir keines der lustigen Tiere erspähen, als wir zu unserem Ziel aufbrechen. Erst auf der Rückfahrt am Nachmittag sehen wir ganz kurz ein Murmeltier vor uns auf der Straße in einer Kehre und können durch ein kurzes Hupen gerade noch verhindern, dass es von den nahenden Autos überollt wird.

Schild mit Murmeltier

Achtung, Murmeltiere! Leider blieben sie an diesem Tag fern.

Die Wanderung zu den zwei Seeles-Seen hinauf ist nicht schwer: Ein Kilometer lang und 80 Meter hoch geht es immer am Berg entlang. An den spiegelglatten Seen machen wir eine Rast und genießen die Aussicht auf den Gletscher der Weißseespitze. Auch hier könntest du nach den Seen noch weiterlaufen. Der zweite See hat uns übrigens noch viel besser gefallen als der erste. Also auf jeden Fall bis zum zweiten durchgehen!

Berggipfel spiegeln sich im Bergsee

Der kristallklare zweite Seeles-See.

Der Weißsee – Station 28

Von einer Kehre weiter oben sieht der Weißsee sehr schön aus: Türkisgrün schimmert er vor den schroffen Felsen. Die 20-minütige Wanderung rund um den See sparen wir uns allerdings. Zum einen war zu der Zeit unseres Besuches eine Baustelle direkt neben dem See. Zum anderen wären wir wohl gar nicht einmal um den See herumgekommen, weil selbst im Juli ein abschüssiges Wegstück noch unter Schnee lag. Da wären wir nicht durchgekommen. Also nur ein Foto.

Türkisgrüner See in den Bergen im Kaunertal

Der Weißsee – leider mit Schnee auf dem Weg.

Gletscherrestaurant – Station 31

26 Kilometer und 29 Kehren später sind wir am höchsten Punkt unserer Tour angekommen: Auf 2750 Metern Höhe liegt das Gletscherrestaurant Weißsee (und übrigens auch die höchste Postbushaltestelle Österreichs). Auf den letzten Drücker – das Restaurant schließt um 16:30 Uhr – bekommen wir noch etwas zu essen. Auf der Terrasse weht ein kalter Wind, sodass unsere Käsespätzle schnell kalt werden. Aber die karge, baumlose Gerölllandschaft auf dieser Höhe ist schon faszinierend.

Karge Geröllberge an einer Straße

Auf der kargen subnivalen Stufe.

Weniger schön sind die Skelette der Bergbahnen direkt vor dem Restaurant, die die Aussicht verschandeln. Aber so sieht es halt in einem beliebten Skigebiet im Sommer aus. Interessant fand ich die Erklärung zu den großen weißen Tüchern, die hier und dort auf dem Boden lagen: Damit soll das komplette Abschmelzen des Schnees im Sommer verhindert werden. In der Skisaison wird dieser Schnee dann wieder für die Pisten genutzt.

Gerüste der Bergbahn vor Bergkulisse

Ziel erreicht: Ausblick vom Restaurant Weißsee auf die Bergbahn. (Foto: Jochen Hafner)

Da es schon so spät ist, schaffen wir es leider nicht mehr, die begehbare Gletscherspalte, 500 Meter hinter dem Restaurant, zu besuchen. Wir müssen schließlich die 29 Kehren bergab auch wieder zurückfahren.

Fazit zur Gletscherstraße im Kaunertal

Die Tour durchs Kaunertal ist auf jeden Fall zu empfehlen. Wenn du in der Nähe eine Unterkunft hast, lohnt es sich sicherlich auch, mehrere Male dorthin zu fahren, weil es so viel zu sehen gibt. Ein 14 Tage gültiges Ticket kostet 40 Euro. Kürzere oder längere Wanderungen, Klettersteige, eine Bergbahntour auf den Gletscher hinauf oder auch nur eine Autotour: Die Gletscherstraße Kaunertal hat für jeden etwas zu bieten, egal wie gut man zu Fuß ist.

Welche schönen Bergstraßen kennnst du noch? Kannst du uns in den Kommentaren interessante Strecken empfehlen?

Veröffentlicht am: 7. August 2021

4 Kommentare

  1. Christian 7. August 2021 um 19:32 - Antworten

    Eine wirklich schöne Tour, die Ihr da gefahren seid. Ich erinnere mich noch eine Bergstraßentour auf Madeira. Da es dort eine Wetterscheide gibt, kann es sein, dass man innerhalb von Minuten von strahlendem Sonnenschein zu Starkregen wechselt und auch die Vegetation der recht kleinen Insel unterscheidet sich von Fleck zu Fleck sehr stark.

    • Sabine 7. August 2021 um 23:43

      Das stimmt, Christian. So extreme Unterschiede gab es in Österreich nicht. Auch wenn sich das Wetter je nach Tal auch unterscheiden konnte.

  2. Jürgen Stoller 7. August 2021 um 17:56 - Antworten

    Hallo liebe Sabine,
    ein wunderschöner Bericht über Eure Tour.
    Lg Jürgen

    • Sabine 7. August 2021 um 23:41

      Danke dir, Jürgen. Warst du auch schon mal in Tirol? Viele Grüße, Sabine

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Veröffentlicht am: 7. August 2021

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4 Kommentare

  1. Christian 7. August 2021 um 19:32 - Antworten

    Eine wirklich schöne Tour, die Ihr da gefahren seid. Ich erinnere mich noch eine Bergstraßentour auf Madeira. Da es dort eine Wetterscheide gibt, kann es sein, dass man innerhalb von Minuten von strahlendem Sonnenschein zu Starkregen wechselt und auch die Vegetation der recht kleinen Insel unterscheidet sich von Fleck zu Fleck sehr stark.

    • Sabine 7. August 2021 um 23:43

      Das stimmt, Christian. So extreme Unterschiede gab es in Österreich nicht. Auch wenn sich das Wetter je nach Tal auch unterscheiden konnte.

  2. Jürgen Stoller 7. August 2021 um 17:56 - Antworten

    Hallo liebe Sabine,
    ein wunderschöner Bericht über Eure Tour.
    Lg Jürgen

    • Sabine 7. August 2021 um 23:41

      Danke dir, Jürgen. Warst du auch schon mal in Tirol? Viele Grüße, Sabine

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